gesetzliche aufbewahrungsfristen

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen – Dauer | Gesetzgebung | Beispiele

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen dienen in erster Linie dazu, die Beweissicherung zu wahren. Damit beispielsweise zu einem späteren Zeitpunkt Ansprüche nachgewiesen oder abgewehrt werden können, müssen die entsprechenden Unterlagen vorgelegt werden können. Insbesondere in Bezug auf das Steuerrecht spielen gesetzliche Aufbewahrungsfristen eine große Rolle. Erst wenn Ansprüche verjährt sind, enden gesetzliche Aufbewahrungsfristen und die Unterlagen können vernichtet werden. Wir informieren Sie über gesetzliche Aufbewahrungspflichten und für wen sie gelten. Ebenfalls relevant sind die neuen Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die in Bezug auf gesetzliche Aufbewahrungsfristen ebenfalls große Relevanz besitzen.

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen: Ein Überblick

Folgende gesetzliche Aufbewahrungsfristen
sind üblich:
6 Jahre und 10 Jahre
Für wen gelten gesetzliche
Aufbewahrungsfristen:
Privatpersonen, Gewerbetreibende, Unternehmen
Was kann passieren, wenn gesetzliche
Aufbewahrungsfristen nicht eingehalten werden?
• Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (Steuerrecht)
• Freiheitsstrafe (bei Verletzung der Buchführungspflicht)
• Bußgeld bis 20 Millionen (bei Verstoß gegen DSGVO)
• bis 4 % des insgesamt weltweit erzielten Jahresumsatzes (bei Verstoß gegen DSGVO)
Wann beginnen gesetzliche Aufbewahrungsfristen jeweils?Zum Ende eines Kalenderjahres

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen: HGB und AO

Der Gesetzgeber verpflichtet Gewerbetreibende und Unternehmen durch gesetzliche Aufbewahrungsfristen zur ordnungsgemäßen Verwahrung von Geschäftsunterlagen. Gesetzliche Aufbewahrungsfristen beginnen jeweils zum Ende des Kalenderjahres, in dem die Dokumente erstellt wurden oder in Ihrem Unternehmen eingegangen sind. Sie sind zur Aufbewahrung von Unterlagen verpflichtet, damit diese bei Bedarf vorliegen.

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen Zeitstrahl

Häufig werden bei Betriebsprüfungen Unterlagen zu abgeschlossenen Geschäftsvorgängen benötigt. Innerhalb von gesetzlichen Verjährungsfristen können Dritte rechtswirksame Ansprüche anmelden, die Sie nur durch Vorlage von beweiskräftigen Unterlagen abwehren können. Es kann zudem bei Gerichtsverhandlungen die Vorlage von Handelsbüchern erforderlich sein (siehe § 258 Abs. 1 HGB).

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen werden durch je nach Art der Dokumente im Steuerrecht durch die Abgabenordnung (AO) und im Bereich Handelsrecht durch das Handelsgesetzbuch (HGB) bestimmt. Die Vorschriften stimmen zum größten Teil überein und in der Praxis sind in erster Linie die steuerrechtlichen Vorschriften der Abgabenordnung von Bedeutung. Gesetzliche Aufbewahrungsfristen gelten für alle Organisationen und Unternehmen, die durch rechtliche Vorgaben in Steuer- oder Handelsrecht zur Buchführung verpflichtet sind.

In § 147 Abs. 1 AO sind folgende Unterlagen aufgeführt, für die nach Absatz 3 eine Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren gilt:

  • Bücher & Aufzeichnungen
  • Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Inventare
  • Arbeitsanweisungen & sonstige Organisationsunterlagen (zum besseren Verständnis von Eröffnungsbilanz, etc.)
  • Buchungsbelege
  • Unterlagen (ATLAS) nach Artikel 15 Abs. 1 & Artikel 163 (Zollkodex der Union)

Eine kürzere Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren gilt für Unterlagen wie empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe, Kopien der versendeten Handels- oder Geschäftsbriefe sowie weitere Dokumente, wenn diese für die Besteuerung von Bedeutung sind. Zur Kategorie Geschäftsbriefe zählen beispielsweise auch Lieferscheine, Rechnungen, Quittungen und Auftragsbestätigungen. Zusätzlich enthält § 140 AO ausdrücklich den Hinweis auf gesetzliche Aufbewahrungsfristen aus anderen Gesetzen, sofern diese für die Besteuerung von Bedeutung sind. Neben dem Umsatzsteuergesetz müssen Sie beispielsweise gesetzliche Aufbewahrungsfristen nach dem Arbeitsrecht und dem Sozialversicherungsrecht berücksichtigen.

Neben den steuerrechtlichen Vorgaben gelten für Kaufleute handelsrechtliche Aufbewahrungspflichten, die in § 257 HGB geregelt sind. Hier werden gesetzliche Aufbewahrungsfristen von 10 Jahren für die folgenden Unterlagen genannt:

  • Eröffnungsbilanzen & Jahresabschlüsse
  • Buchungsbelege
  • Inventare
  • Einzelabschlüsse (siehe § 325 Abs. 2a HGB)
  • Konzernlageberichte
  • Handelsbücher
  • Konzernabschlüsse & Konzernlageberichte
  • Arbeitsanweisungen & sonstige Organisationsunterlagen (zum besseren Verständnis der anderen Unterlagen)

Abweichende Aufbewahrungsfristen von lediglich sechs Jahren gelten für empfangene Handelsbriefe sowie für Kopien von versendeten Handelsbriefen. Bei diesen Dokumenten handelt es sich ausschließlich um Schriftstücke, die sich auf ein Handelsgeschäft beziehen.

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen: Privatpersonen & Unternehmen

Vielen Privatpersonen ist nicht bewusst, dass es auch im privaten Bereich gesetzliche Aufbewahrungsfristen gibt. Nach § 14b Abs. 1 S. 5 Nr. 1 UStG existiert eine Verpflichtung zur Aufbewahrung von Rechnungen, Zahlungsbelegen oder ähnlichen Nachweisen zu steuerpflichtigen Leistungen. Die gesetzliche Frist beträgt hier zwei Jahre. In erster Linie betrifft dies Besitzer von Eigenheimen, die handwerkliche Leistungen beauftragen. Unterliegen die handwerklichen Leistungen einer Gewährleistungspflicht, ist eine Aufbewahrung für einen Zeitraum von fünf Jahren sinnvoll.

Für Privatpersonen sind ausschließlich diese gesetzliche Aufbewahrungsfristen verpflichtend. Die Vorgaben im erwähnten Paragrafen dienen in erster Linie zur Eindämmung von Schwarzarbeit. Im eigenen Interesse sollten Privatpersonen jedoch auch andere Unterlagen gut verwahren, dazu zählen beispielsweise Geburtsurkunde, Gehaltsabrechnungen und weitere Dokumente. Eine gesetzliche Pflicht zur Verwahrung dieser Unterlagen existiert für Privatpersonen jedoch nicht.

Die Regelungen in § 14b UStG (Aufbewahrung von Rechnungen) schreiben für Unternehmen gesetzliche Aufbewahrungsfristen für Rechnungen, Zahlungsbelege und ähnliche Nachweise von zehn Jahren vor. Wenn Sie als Unternehmer die Leistungen jedoch für den privaten Bereich verwenden, gilt ebenso wie bei Privatpersonen eine Aufbewahrungsfrist von zwei Jahren.

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen: Die Fristen

In der nachstehenden Auflistung haben wir gesetzliche Aufbewahrungsfristen aus AO, HGB und weiteren Rechtsvorgaben:

Gesetzliche AufbewahrungsfristenRechtsgrundlageUnterlagen (Beispiele)
2 Jahre§ 16 Abs. 2 ArbZGAufzeichnungen Arbeitgeber zu Überstunden
6 Jahre§ 257 HGB / § 147 AO• Abtretungserklärungen
• Betriebsprüfungsberichte
• eingegangene Geschäftsbriefe
• Kopien verschickter Geschäftsbriefe
• Handelsbriefe
• Lieferscheine
• Mahnungen & Mahnbescheide
6 Jahre§ 50 BRAOHandakten von Anwälten
10 Jahre§ 257 HGB / § 147 AO• Abrechnungsunterlagen
• Anträge Arbeitnehmersparzulage
• Ausgangsrechnungen
• Bankbelege
• Buchungsbelege
• Bilanzen (auch Eröffnungsbilanzen)
• Einfuhrunterlagen (Zollunterlagen, etc.)
• Gehaltslisten
• Geschäftsberichte
• Inventare (siehe § 240 HGB)
• Jahresabschlüsse
• Kontoauszüge
• Rechnungen an Unternehmer
10 Jahre§ 14b UStGerhaltene Rechnungen & Kopien ausgestellter Rechnungen
30 Jahre§ 28 Abs. 3 RöVRöntgenbilder & Aufzeichnungen zu Röntgenuntersuchungen

Für gesetzliche Aufbewahrungsfristen kann in manchen Fällen auch eine Verlängerung gelten. Ist die Festsetzungsfrist von Steuern noch nicht beendet, verlängern sich auch die Aufbewahrungsfristen. Dies kann der Fall sein, wenn sich der Ablauf der Festsetzungsfrist verzögert, beispielsweise durch eine Betriebsprüfung, einen Einspruch oder eine später eingereichte Steuererklärung. Bei folgenden Sachverhalten müssen Sie Unterlagen noch aufbewahren, selbst wenn gesetzliche Aufbewahrungsfristen bereits abgelaufen sind:

  • für vorläufige Steuerfestsetzung (siehe §165 AO)
  • für eine bereits begonnene Außenprüfung
  • für schwebendes oder (aufgrund Außenprüfung) erwartbares Rechtsbehelfsverfahren
  • wenn Sie Anträge an das Finanzamt stellen (zur Begründung)
  • für bußgeldrechtliche oder steuerstrafrechtliche Ermittlungen (bereits anhängig)

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen: DSGVO

Seit 25.05.2018 müssen Unternehmen die Vorgaben der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) anwenden. Insbesondere Artikel 17 der DSGVO (Recht auf Löschung / Recht auf Vergessenwerden) ist hier relevant, denn er regelt die Pflicht zur unverzüglichen Löschung von personenbezogenen Daten, die nicht mehr benötigt werden. Generell ist eine Verarbeitung (dazu zählt auch die Speicherung) nach Art. 6 DSGVO nur dann zulässig, wenn zumindest eine der genannten Bedingungen erfüllt ist:

  • Einwilligung der betroffenen Person liegt vor
  • Verarbeitung ist zur Vertragserfüllung mit betroffener Person erforderlich
  • Verarbeitung dient der Erfüllung von rechtlichen Verpflichtungen des Verantwortlichen
  • Verarbeitung ist zum Schutz lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person (oder eines Dritten) notwendig
  • Verarbeitung dient der Wahrnehmung einer Aufgabe des öffentlichen Interesses/der öffentlichen Gewalt
  • Wahrung berechtigter Interessen (Verantwortlicher oder Dritter), wenn Interessen, Grundrechte & Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen (insbesondere bei einem Kind)

Dieses Recht auf Löschung hebt jedoch gesetzliche Aufbewahrungsfristen keineswegs auf, denn in Artikel 17 Abs. 3b) DSGVO sind rechtliche Pflichten als Ausnahme genannt. Dazu gehören auch gesetzliche Aufbewahrungsfristen, die im Steuer- und Handelsrecht verankert sind. Erst wenn die Zweckerfüllung der Daten nicht mehr gegeben ist, erfolgt die Löschung der Daten. Bezugnehmend auf gesetzliche Aufbewahrungsfristen ist dies erst nach Fristablauf der Fall.

Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit einfach alle erdenklichen Unterlagen verwahrt, um gesetzliche Aufbewahrungsfristen einzuhalten. Mit Inkrafttreten der DSGVO ist diese Vorgehensweise nicht mehr ratsam, denn mit Art. 5 Abs. 1 b) DSGVO wird der Grundsatz der Datenminimierung geregelt. Daten dürfen somit lediglich zweckgebunden und reduziert auf notwendiges Maß beschränkt genutzt oder gespeichert werden. Wenn Sie gegen die Grundlagen der DSGVO oder gegen die Rechenschaftspflicht verstoßen, kann dies im schlimmsten Fall mit einem Bußgeld von bis zu 20 Millionen EUR geahndet werden. Bei Unternehmen kann eine Ahndung in Höhe von bis zu 4 % des insgesamt weltweit erzielten Jahresumsatzes erfolgen (siehe Artikel 83 Abs. 5 a).

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen: Personenbezogene Daten

Gesetzliche Aufbewahrungsfristen und der Umgang mit personenbezogenen Daten stellen große Herausforderungen an die Unternehmen. Bei einem Verstoß wird es zur Festsetzung des Bußgeldes ohne Zweifel eine Rolle spielen, ob es sich um einen Einzelfall oder um systematische Praxis handelt (siehe Art. 83 Abs. 2 lit. a DSGVO). Damit gesetzliche Aufbewahrungsfristen eingehalten und die Umsetzung der DSGVO erfolgen können, sollten Sie ein Löschkonzept erstellen.

Ordnen Sie die Daten in bestimmte Kategorien ein, sinnvoll ist eine Kategorisierung in Bezug auf gleiche gesetzliche Aufbewahrungsfristen. Bei der Archivierung der Daten sind gesetzliche Aufbewahrungsfristen zu beachten. Sind für eine Gruppe der archivierten Daten gesetzliche Aufbewahrungsfristen abgelaufen, müssen diese Daten gelöscht werden. Im Zuge sicherer Verfahren werden Löschprotokolle erstellt, die zum Nachweis der Löschung aufbewahrt werden.

Lokalisierung und Erfassung von personenbezogenen Daten in:

  • Datenkategorien
  • Nutzungsdauer
  • gesetzliche Aufbewahrungsfristen
  • Gültigkeitsdauer der Aufbewahrungspflichten
  • auf welchem System die Daten gespeichert sind
  • welche Systeme maßgeblich sind (Beispiel: Stammdatenbank)

Geht es um Akten und Dokument in Papierform, ist es durchaus empfehlenswert, wenn Sie externe Dienstleister mit der Digitalisierung von Akten beauftragen. Diese Unternehmen sind mit den gesetzlichen Vorgaben vertraut und übernehmen sogar die sichere Vernichtung der Daten und Dokumente, wenn gesetzliche Aufbewahrungspflichten abgelaufen sind.

Für Anwälte und Ärzte gelten strenge Aufbewahrungs- und Beweispflichten. Nach § 50 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) sind Anwälte zur Führung von Handakten verpflichtet, für die gesetzliche Aufbewahrungsfristen von sechs Jahren gelten. Wenn ein Anwalt eine Aufforderung zur Entgegennahme von Dokumenten an den Auftraggeber sendet, gelten diese Fristen nicht. Kommt der Auftraggeber der Aufforderung nicht innerhalb von sechs Monaten nach, gelten somit auch gesetzliche Aufbewahrungsfristen aus § 50 BRAO nicht.

Nach § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB und § 199 Abs. 2 BGB verjähren bestimmte Schadenersatzansprüche erst nach 30 Jahren. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Ansprüche auf Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder des Lebens einer Person beziehen. Für Ärzte ist daher die Aufbewahrung von Patientenakten für einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren sinnvoll. In einem Löschkonzept sollte in diesem Fall vermerkt werden, dass die Daten für gesetzliche Aufbewahrungsfristen mindestens 10 Jahre verwahrt werden und zur Beweissicherung ggf. bis zu 30 Jahre verwahrt werden, beispielsweise Röntgenbilder sowie Aufzeichnungen zu Röntgenuntersuchungen.